23 Jul

Mysterien in Ministerien

Manchmal hört man in der Beratungsarbeit Geschichten, die man lieber nicht gehört hätte. Wir wollen Ihnen einmal diesen Vorfall -ist leider wirklich nicht erfunden – schildern und hoffen, dass hier und dort eine gewisse Nachdenklichkeit entsteht:

Schulleitungen denken in der Regel proaktiv und planen, vor allem im Personalbereich, vorausschauend. Das ist im Sinne konstruktiven pädagogischen Handels aus unserer Sicht absolut unterstützenswert. Wir hören aber diesen Fall: In einer weiterführenden Schule ist klar, dass am Ende des Schuljahres sowohl Schulleiter als auch Stellvertreterin in den Ruhestand gehen werden. Für jeden, der Schule und ihr hochkomplexes Geschehen auch nur in Ansätzen kennt, ist klar, dass dies für Schule ein denkbar ungünstiges Szenario darstellt.

Wir schreiben das Jahr 2022. Gerade hören wir, dass durch Digitalisierung alles Mögliche besser, sogar im Verwaltungsbereich der Kultusbürokratie schneller und schlanker wird. Wir hören auch, dass Schulleiter*innen sehr gesucht werden und es wird laut über flexible Renteneintrittslösungen nachgedacht.

Es meldet sich ein irritierter Schulleiter, der von Seiten der Schuladministration Kontinuität und Verlässlichkeit erwartet hat, nun aber bitter enttäuscht ist.

Zurück zur Geschichte: Mit dem Wissen, dass es nur wenige Bewerber, noch dazu qualifizierte, gibt, entwerfen Schulleiter und Stellvertreterin eine denkbare Lösung für die nahe Zukunft: Sie schlagen vor, dass der Schulleiter um ein Jahr verlängert, die Stellvertreterin um zwei. Somit können einerseits angestoßene Themen der inneren Schulentwicklung nachhaltig implementiert werden und andererseits kann die Stellvertreterin die neue Leitung in der Einarbeitungsphase begleiten und unterstützen. Das ist aus unserer Sicht ein guter konstruktiver Vorschlag zur Vermeidung des Problems „Schule ohne Schulleitung“.

Eine Anfrage beim Staatlichen Schulamt zu dieser Planung findet dort volle Zustimmung. In der Folge gehen die Anträge im April 2021, mit einem Vorlauf von 16 Monaten, an das Kultusministerium. Nach dreimonatiger Wartezeit – Überraschung! – ist die Stelle des Schulleiters plötzlich ausgeschrieben. Per Telefon erfahren sowohl Schulleiter als auch Stellvertreterin eine Absage zu ihren Anträgen. Hintergrund für die Ablehnung seien formale Gründe.

Es vergehen weitere 6 Monate (wir schreiben Januar 2022), ohne dass auch nur eine Information vom Ministerium oder dem Staatlichen Schulamt zum Fortgang der Dinge in der Schule erfolgt. Anscheinend gibt es – wieder Überraschung! – keine Bewerbungen auf die ausgeschriebene Stelle. Anfang Februar 2022 wird der Schulleiter ins Ministerium zitiert und bekommt die Offerte einer einjährigen Verlängerung.

Der wenig wertschätzende Umgang von Seiten der Kultusbürokratie mit dem Schulleiter zusammen mit einer langen Wartezeit, in der er natürlich andere Lebensplanung betrieben hat, sind keine besondere Empfehlung, sich weiterhin konstruktiv im Sinne der Schule zu verhalten.

Wir raten es ihm trotzdem. Warum? Schüler*innen und Kolleg*innen müssten das Schuljahr ohne Schulleiter und Stellvertretung beginnen. Das wäre vergleichbar einem Schiff, dem man Kapitän und Ersten Offizier nimmt. Geht also gar nicht! Wer macht die Arbeit dann? In diesem Fall müssten die verbliebenen Schulleitungsmitglieder die Arbeit von Schulleiter und Stellvertretung on top mit übernehmen, so als hätten sie sonst nicht recht zu tun. Lange geübte Praxis in der Bildungsadministration!

Der Schulleiter denkt an die digitale Offensive, die Corona-Pandemie und den eklatanten Personalmangel in Schule. Zudem bleibt ihm ein Mysterium, warum in der Bildungsverwaltung ein Denken über den Tag hinaus offenbar nicht gegeben ist und ebenfalls fragt er sich, ob es andere Gründe für ein solches Verhalten gibt.

Er entscheidet sich zu bleiben und wir bestärken ihn darin, das zu tun, was andere tun sollten: Konstruktiv Handeln zum Wohle der Bildung unserer Kinder.

Aber wir bleiben schon ziemlich nachdenklich zurück…

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